Schreiben und Lesen...

        

... das gehört zusammen wie gutes Training und ein schneller Wettkampf. Es muss aber nicht immer mit Laufen zu tun haben. Hier bekommt ihr jeweils eine Story angeboten, die sich ums Laufen dreht, oder auch nicht.



 


Von Teufeln, Knirpsen und Steilanstiegen.


Punkt 08:30 Uhr fahren Jan und Natascha vor. Auf die Beiden ist Verlass. Meine Tasche ist gepackt und in Gedanken bin ich schon auf der Laufstrecke des Deister-Crossing in Springe. Dort wartet auf der 10 Kilometer-Strecke ein Anstieg auf uns, der 180 Höhenmeter auf zwei Kilometer Länge bereithält. Das wird eine echte Herausforderung.


Das Wetter ist, wie die ganze Woche schon. Sonne, Sonne und nochmals Sonne. Trotz der Tatsache, dass wir bereits in der zweiten Septemberwoche sind, wird das Thermometer heute die 30 Grad Grenze wieder deutlich knacken.



Jan hat auf seinem Handy die Übertragung vom Nizza-Triathlon laufen. Dort verabschiedet sich sein Idol Jan Frodeno von der Langdistanz. Klar, dass unser Jan das sehen will. Er selbst hat sich, mit Natascha und Familienanhang, gestern Abend auf der Expo Plaza auf den heutigen Lauf vorbereitet. Natürlich bis nachts um 1 Uhr mit jeder Menge Trallala. Aber genauso kennen und lieben wir Jan.


Wir besprechen kurz die Taktik für den Lauf und ich weiß jetzt schon, dass meine beiden Mitstreiter heute wieder gute Ergebnisse einlaufen werden. Sie sind einfach gut trainiert und müssten sich schon verdammt dumm anstellen, um das nicht umzusetzen.



In Springe angekommen haben wir reichlich Zeit. Wir ziehen uns am Auto um und schauen uns den Startbereich an. Wir laufen uns ein bisschen warm und stellen fest, dass die Sonne schon ordentlich Kraft hat. Von der Konkurrenz kennen wir kaum jemanden. Eine junge Frau fällt uns auf, die sich mit einer anderen Frau unterhält und dabei über 10 Kilometer Zeiten von unter 40 Minuten spricht. Da sind wir schon mal gespannt.


Kurz vor dem Start kommen Sabine und Sigurd mit den Fahrrädern zum Startpunkt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Umso größer ist die Freude. Sabine kann verletzungsbedingt nicht starten. Sigurd ist als Fotograf immer ein Garant für schöne Bilder. Im Startbereich werden ein paar Läuferinnen und Läufer vorgestellt und interviewt. Dabei ist auch ein 9jähriger Junge, der mitläuft. Der ist eigentlich noch viel zu jung für so eine harte 10 Kilometerrunde, aber da sein Vater mitläuft, gehe ich davon aus, dass der weiß, was er seinem Junior da zumutet.



Um 10:30 Uhr erfolgt der Startschuss. Das Feld, von knapp 80 Läufern, macht sich auf den Weg. Die ersten 1500 Meter gehen durch die pralle Sonne. Ich komme nur zäh in Schwung. Vor mir fliegen Jan und Natascha regelrecht weg. Das Tempo würde ich nicht mal auf einen Kilometer durchhalten. Ich wische diese Gedanken schnell zur Seite und konzentriere mich auf meinen Lauf. Bis Kilometer 3 werde ich ständig von anderen Läufern überholt. Das ist ein bisschen frustrierend. Allerdings weiß ich, was uns ab Kilometer 4 erwartet. Also denke ich: Macht ihr mal! Vielleicht sehen wir uns wieder. Völlig baff bin ich, als mich nach 2 Kilometern der 9jährige Knabe überholt. Der läuft richtig gut, wirkt überhaupt nicht am Anschlag und scheint sich den Lauf gut einzuteilen. Ich hoffe nur, dass der nicht vor mir im Ziel sein will.


Natascha und Jan habe ich schon lange aus den Augen verloren. Die Beiden sind wirklich schnell unterwegs. Dann ist es so weit: Wir laufen in den Wald und es geht über zwei Kilometer wirklich steil nach oben. Wir laufen in das Feld der Wanderer hinein, die 21 oder 42 Kilometer als Wanderstrecke absolvieren wollen. Selbst sie keuchen und schwitzen den steilen Anstieg hinauf. Ich mache ein paar Plätze gut und der kleine Junge vor mir läuft den Berg genauso schnell hinauf wie ich. Wahnsinn!



Oben angekommen warten Sabine und Sigurd auf mich. Neben ihnen steht der Deisterteufel mit seinem Dreispitz in der Hand. In diesem Moment sind mir die drei Läufer, die ich in „Schlagweite“ vor mir habe, egal. Ich halte kurz an, stelle mich neben den Teufelsdarsteller und bitte Sigurd, ein paar Fotos zu schießen. Dann nehme ich die Verfolgung des Trios vor mir auf. Es geht jetzt zunächst gerade weg und ich spüre, wie gut meine Beine noch sind. Ich brauche keine 500 Meter, bis ich die drei Läufer vor mir überholt habe. Jetzt ist auch der jüngste Teilnehmer des Rennens wieder hinter mir. Wir fallen den Berg geradezu hinunter. 



Unten warten noch zwei kleine Gegensteigungen, an denen ich noch zwei Läufer überholen kann. Da sehe ich auch Natascha wieder vor mir. Das motiviert. Es folgt die lange Zielgerade in der Sonne. Ich will jetzt keinen mehr vorbeilassen und hänge mich richtig rein. Mein Vorhaben gelingt und die Uhr zeigt im Ziel 49:39 Minuten an. Ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Strecke unter 50 Minuten laufen kann. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Ich treffe Natascha, die eine Minute vor mir im Ziel war, und Jan, der die Strecke in 41 Minuten gelaufen ist. Beides sehr gute Zeiten.


Auch Sabine und Sigurd sind jetzt da. Wir quatschen kurz und gehen dann zur Mutter des kleinen Läufers, der 50 Sekunden nach mir im Ziel war. Wir gratulieren ihm und sagen seiner Mutter, wie hervorragend der Junge sich das Rennen eingeteilt hat. Sabine interviewt den kleinen Mann gleich, weil sie so begeistert ist.



Natascha muss sich erst einmal auf dem Asphalt ausstrecken. Sie hat alles gegeben. Doch ein paar Minuten später steht sie wieder auf den Beinen. Wir gehen zum Auto und pellen uns aus den schweißnassen Klamotten. Jan hat die Übertragung vom Triathlon schon wieder am Laufen. Dann geht es Richtung Heimat. Wir sind allesamt mit den Ergebnissen aus der „Deisterhölle“ zufrieden und ich denke, dass wir uns hier vermutlich im nächsten Jahr wiedersehen werden…



Thomas Knackstedt